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Orale Antibiotika bei infektiöser Endokarditis möglich
Jatros Digital
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29.08.2018
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<p class="article-intro">Manche Patienten mit Endokarditis können auf orale Antibiotika umgestellt und früher als bisher üblich auch dem Krankenhaus entlassen werden. Das zeigen die im Rahmen des ESC 2018 vorgestellten Ergebnisse der Studie POET (Partial Oral Treatment of Endocarditis Trial).</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die bakterielle Endokarditis ist auch im Antibiotikazeitalter mit einer Krankenhaus-Mortalität von 15-30 % eine sehr ernste Erkrankung, die intensivmedizinische und herzchirurgische Betreuung erforderlich machen kann. In jedem Fall wird von Guidelines eine intravenöse antibiotische Therapie über sechs Wochen empfohlen.<sup>1</sup> Dies bedeutet lange Krankenhausaufenthalte – auch wenn die Patienten erfolgreich stabilisiert und/oder chirurgisch saniert wurden und von den Antibiotikainfusionen abgesehen, kein Grund mehr für den Aufenthalt im Spital besteht.</p> <p>Im Rahmen der dänischen POET Studie (Partial Oral Treatment of Endocarditis Trial) wurde die Frage gestellt, ob es möglich ist, Patienten mit günstigem Risikoprofil nach mindestens zehn Tagen intravenöser Therapie Antibiotikagabe auf orale Antibiotika umzustellen. Kürzere Krankenhausaufenthalte seien, so Studienautor Prof. Dr. Henning Bundgaard vom Universitätsspital Kopenhagen, nicht nur aus Kostengründen anzustreben. Vielmehr bedeute auch die Hospitalisierung selbst einen Risikofaktor.</p> <h2>Antibiotika-Kombination aus unterschiedlichen Klassen</h2> <p>Da orale Antibiotika in der Indikation infektiöse Endokarditis nicht empfohlen werden, wurde eigens für die Studie ein geeignetes antibiotisches Regime entwickelt. Die Antibiotika mussten moderate bis gute Bioverfügbarkeit aufweisen und kamen immer in Zweier-Kombinationen aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen zum Einsatz. Außerdem wurden die minimalen inhibitorischen Konzentrationen bestimmt und Anpassungen nach pharmakokinetischen Messungen vorgenommen.</p> <p>Auf diese orale Therapie wurden Patienten umgestellt, die eine Reihe von Kriterien erfüllen mussten. Sie mussten seit mindestens zwei Tagen weniger als 38 Grad Fieber haben, ihr CRP musste bereits auf maximal 25 % des Spitzenwertes zurückgegangen sein, im Ultraschall durfte kein Abszess erkennbar sein, usw. Insgesamt wurden schließlich 400 Patienten in die Studie aufgenommen und randomisiert entweder auf orale Antibiotika umgestellt und aus dem Krankenhaus entlassen, oder weiter intravenös behandelt. Ziel war zu zeigen, dass die neue Vorgangsweise der Standardtherapie nicht unterlegen ist.</p> <h2>Non-Inferiority konnte gezeigt werden</h2> <p>Das Follow-up dauerte sechs Monate nach dem Abschluss der antibiotischen Therapie, primärer Endpunkt war eine Kombination aus Gesamtmortalität, ungeplanter Operation am Herzen, embolischen Events und Reinfektion. Nach der Randomisierung wurden intravenöse oder orale Antibiotika im Median für 18 Tage verabreicht. Während der sechsmonatigen Nachbeobachtung zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich des primären Endpunktes oder seiner Komponenten. Damit wurde das Kriterium für Nicht-Unterlegenheit erreicht.</p> <h2>Was bedeutet das für die Patienten</h2> <p>„Es bedeutet für die Betroffenen eine erhebliche Belastung, sechs Wochen im Krankenhaus bleiben zu müssen“, kommentierte Bundgaard, „wir haben mittlerweile bei vielen Erkrankungen gesehen, dass kürzere Spitalsaufenthalte weitere Risiken reduzieren. Im Falle der Endokarditis können orale Antibiotika ein sicherer Weg zu diesem Ziel sein. Wir haben gezeigt, dass eine Umstellung nach zehn Tagen bei vielen Patienten machbar ist und denken, dass unsere Studie die klinische Praxis in nächster Zeit beeinflussen wird.“ Auf die Frage nach der Compliance der ambulanten Patienten sagte Bundgaard: „Wir haben den Patienten ausführlich erklärt, dass sie eine lebensbedrohliche Erkrankung mit hoher Mortalität haben. Danach war die Medikamenteneinnahme kein Problem mehr.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Bundgaard H et al.: POET – Partial oral treatment of left-sided infectious endocarditis. ESC 2018; Hotline-Session 5; FP5869
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><sup><strong>1</strong></sup> Habib G et al.: 2015 ESC Guidelines for the management of infective endocarditis. Eur Heart J. 2015; 36: 3075–123</p>
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